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Kambodscha: „Unerwünschte Personen“ in Drogenzentren verhaftet und misshandelt

Beamte sollen für willkürliche Inhaftierung, Folter und Zwangsarbeit zur Rechenschaft gezogen werden

(Bangkok) – Die kambodschanischen Behörden verhaften Hunderte Drogenkonsumenten und andere „unerwünschte Personen“ unrechtmäßig in Zentren, in denen ihnen Folter, sexuelle Gewalt und Zwangsarbeit drohen, so Human Rights Watch in einem heute veröffentlichtem Bericht. Human Rights Watch fordert die sofortige Schließung der insgesamt acht Zentren, die angeblich der Behandlung Drogenabhängiger dienen.

Der 55-seitige Bericht „‘They Treat Us Like Animals’: Mistreatment of Drug Users and ‘Undesirables’ in Cambodia’s Drug Detention Centers“ dokumentiert die Erfahrungen von Menschen, die in jüngerer Vergangenheit in den Zentren inhaftiert waren. Die Befragten berichteten von Schlägen mit Gummischläuchen, Stöcken oder Ruten. Einige schilderten Bestrafungen, die zu intensiven Schmerzen führten und demütigend waren, etwa Kriechen auf steinigem Untergrund oder Stehen in Abwassergruben. Ehemalige Insassinnen beschrieben Vergewaltigungen und andere Formen sexuellen Missbrauchs durch das Wachpersonal. Viele Häftlinge sagten, sie seien zu unbezahlter Arbeit innerhalb der Zentren, teilweise aber auch auf Baustellen, gezwungen worden. Wer sich geweigert habe, sei verprügelt worden.

„Die einzige ‚Behandlung‘, die man in Kambodschas Drogenhaftzentren bekommt, sind Schläge, Blutergüsse und Zwangsarbeit“, soJoseph Amon, Direktor der Abteilung Gesundheit und Menschenrechte von Human Rights Watch. „Die Regierung nutzt die Zentren als Sammelstellen für Bettler, Prostituierte, Straßenkinder und andere ‚unerwünschte Personen‘, vor allem im Vorfeld hochrangiger Besuche aus dem Ausland.“

Der Bericht beruht auf Interviews mit 33 Personen, die in den Drogenhaftzentren in Battambang, Banteay Meanchey, Siem Reap, Koh Kong und der Hauptstadt Phnom Penh inhaftiert waren. Neben Drogenkonsumenten sperrten die Behörden dort auch Obdachlose, Bettler, Straßenkinder, Sexarbeiter und Menschen mit Behinderung ein. Die Zentren werden vom Militär, der Gendarmerie, der Polizei, dem Sozialministerium und den Stadtverwaltungen betrieben.

„Das Schlimmste sind die Prügel“, so „Pram“ ein junger Mann, der im Jahr 2013 über drei Monate lang im Zentrum Orgkas Khnom am Rande Phnom Penhs inhaftiert war. „Die gibt es jeden zweiten Tag.“

Die Befragten berichteten, in den Haftzentren seien auch unbegleitete Kinder gewesen, manche erst sechs Jahre alt. Die Kinder seien in den gleichen Räumen wie die Erwachsenen untergebracht, zu beschwerlichen Körperübungen und militärischem Drill gezwungen sowie gefesselt und geschlagen worden.

„Die Regierung gibt zu, dass zehn Prozent derer, die in den Zentren festgehalten werden, unter 18 sind“, so Amon. „Kinder, die Drogen nehmen oder auf der Straße leben, sollte man vor Schaden schützen, nicht einsperren, schlagen und misshandeln.“

Der Bericht knüpft an den 2010 veröffentlichten Human Rights Watch-Bericht „Skin on the Cable“an, der die Zwangsbehandlung Drogenabhängiger national und international in die Schlagzeilen brachte. Nach dem Bericht verurteilten die Vereinten Nationen und verschiedene Geber den Mangel an Rechtsstaatlichkeit und die unmenschliche Behandlung in den Zentren. Von Seiten der kambodschanischen Behörden wurde der Bericht überwiegend als „unwahr“ zurückgewiesen.

Im März 2012 veröffentlichten zwölf UN-Behörden eine gemeinsame Erklärung über Haftzentren für Drogenkonsumenten, in der alle Staaten mit derartigen Einrichtungen aufgefordert werden, „die Zentren ohne Verzögerung [zu] schließen und alle Inhaftierten [zu] entlassen“. Die Behörden in Kambodscha reagierten nicht auf den Aufruf. Sie gingen den Berichten über Folter und andere Menschenrechtsverletzungen in den Zentren nicht nach und erhoben keine einzige Anklage wegen der Vorwürfe. Obwohl seit 2010 drei Drogenhaftzentren geschlossen wurden, blieb die Zahl der inhaftierten Frauen, Männer und Kinder konstant bei rund 2.200.

Die kambodschanische Regierung kündigte den Bau eines großen Drogenbehandlungszentrums in der Provinz Preah Sihanouk an und nahm im Hinblick auf die Finanzierung Kontakt mit Vietnamauf. In Vietnams Drogenhaftzentrenwerden die Insassen noch länger festgehalten. Zwangsarbeit gehört dort offiziell zur „Behandlung“ von Drogenabhängigkeit. Es ist deshalb beunruhigend, dass der Einfluss Vietnams durch die Finanzierung des Baus neuer Zentren in Kambodscha möglicherweise wachsen wird.

Die kambodschanische Regierung soll eine unabhängige und gründliche Untersuchung der willkürlichen Inhaftierung, Folter, Misshandlung und Zwangsarbeit in den Drogenhaftzentren veranlassen. Der UN-Erklärung aus dem Jahr 2012 soll umgesetzt werden, indem unverzüglich alle Inhaftieren entlassen und sämtliche Zentren geschlossen werden. Die Regierung soll die Zentren durch einen verbesserten Zugang zu freiwilligen, gemeindebasierten Suchttherapien ersetzen.

„In Kambodschas Drogenhaftzentren bleiben willkürliche Inhaftierung, Zwangsarbeit sowie körperlicher und sexueller Missbrauch straflos“, so Amon. „Die Zentren sind ineffizient, ungerecht und verletzen die Menschenrechte. Sie sollen unverzüglich geschlossen und die dort inhaftierten Männer, Frauen und Kinder freigelassen werden.“

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