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(New York, 24. August 2011) – Der Nationale Übergangsrat (NTC) soll unverzüglich Maßnahmen ergreifen, damit im Zuge des politischen Umbruchs in Libyen alle Menschenrechtsverpflichtungen des Landes eingehalten werden. Zudem soll die Grundlage für eine neue Regierung geschaffen werden, die sich klar zum Prinzip der Rechtsstaatlichkeit bekennt, so Human Rights Watch.

Angesichts des Sturzes der Regierung Gaddafi hat Human Rights Watch ein Schreiben an den kommissarischen Premierminister Mahmoud Jebril und den Vorsitzenden des NTC Mustafa Abdul Jalil geschickt. Darin begrüßte Human Rights Watch die bisherigen Bemühungen des Rats, Vergeltungsakte gegen Gaddafi-Anhänger zu verhindern, und gab eine Reihe von Empfehlungen für die kritische erste Phase des offenbar bereits stattfindenden Umbruchs ab.

„Mit seinen energischen Äußerungen zu Justiz und Menschenrechten hat der Nationale Übergangsrat den richtigen Ton getroffen“, so Sarah Leah Whitson, Leiterin der Abteilung Naher Osten und Nordafrika von Human Rights Watch. „Nun sind dringend konkrete Maßnahmen nötig, um Racheakte zu verhindern, gefährdete Gruppen zu schützen und für volle Rechtsstaatlichkeit zu sorgen.“

Human Rights Watch forderte unter anderem:

  • Einsatz von Sicherheitskräften zum Schutz von:
    • gefährdeten Personen, etwa mutmaßlichen und tatsächlichen Anhängern der Regierung, Vertriebenen, die aus Rebellengebieten geflohen sind, sowie dunkelhäutigen Libyern und Afrikanern aus Ländern südlich der Sahara, die wiederholt beschuldigt wurden, für Gaddafi als Söldner gedient zu haben;
    • bedrohten Einrichtungen wie Gefängnissen, Polizeiwachen, Gerichtsgebäuden und anderen staatlichen Einrichtungen, die zwar zu Symbolen der Unterdrückung unter der Herrschaft Gaddafis geworden waren, jedoch von einer neuen Regierung dringend benötigt werden, um den Rechtsvollzug und die öffentliche Ordnung zu schützen;
    • Archiven der Regierung, um die Sicherheit aller Dokumente zu gewährleisten, die für das Funktionieren der Regierung und zur strafrechtlichen Aufarbeiten von Menschenrechtsverletzungen notwendig sind; und
    • Waffenlagern, einschließlich der von der NATO bombardierten Depots, um zu verhindern, dass Personen, die nicht den Streitkräften der NTC angehören, an Waffen und Munition gelangen, welche Gesetzlosigkeit und Aufstände begünstigen könnten.
  • menschenwürdige Behandlung aller Häftlinge, von gefangengenommenen Kämpfern bis hin zu Angehörigen der Familie Gaddafi in Übereinstimmung mit internationalen Völkerrechts- und Menschenrechtsstandards. Dazu gehört auch das Recht auf eine zeitnahe Anhörung vor einem unabhängigen Gericht;
  • unverzüglicher Zugang des Internationalen Komitees des Roten Kreuzes zu allen Gefangenen des NTC, den der NTC in einigen Landesteilen bereits gestattet;
  • Zusammenarbeit mit dem Internationalen Strafgerichtshof durch Auslieferung aller Personen im Gewahrsam des NTC, gegen die ein Haftbefehl des IStGH vorliegt, in Übereinstimmung mit der UN-Sicherheitsrats-Resolution 1970 und den Zusagen des NTC an das Büro des IStGH-Anklägers im April.

Laut Human Rights Watch soll der NTC erwägen, den Vereinten Nationen nach Ende der Kämpfe eine tragende Rolle in Libyen zu übertragen, etwa durch den Einsatz von ausländischen Polizisten zur Unterstützung und Überwachung der libyschen Polizei. Die UN könnte auch Menschenrechtsbeobachter in Landesteile entsenden, in denen Gaddafi Unterstützung gefunden hatte sowie an potentielle Krisenherde wie Tawergha, Sebha, Sirte und einige Städte in der westlichen Bergregion.

„Solche Beobachter würden dazu beitragen, Menschenrechtsverletzungen zu verhindern bzw. zu melden. Sie würden allen Libyern, unabhängig davon ob sie die Revolution unterstützt oder abgelehnt haben, die Gewissheit geben, dass ihre Rechte auch in dieser kritischen Phase geschützt werden“, so Human Rights Watch in dem Schreiben.

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