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Burma: Trotz Freilassung von Suu Kyi weiter Tausende politische Gefangene

Internationale Gemeinschaft soll Freilassung aller politischen Häftlinge fordern

(New York, 13. November 2010) – Die Freilassung Aung San Suu Kyis, der Anführerin der burmesischen Demokratiebewegung, soll der erste Schritt für Burmas Militärregierung sein, um über 2100 politische Gefangene freizulassen, so Human Rights Watch. Die Nobelpreisträgerin war gestern aus dem Hausarrest entlassen worden, weil heute ihr Haftbefehl abläuft.

„Aung San Suu Kyi hätte niemals inhaftiert werden dürfen“, so Elaine Pearson, stellvertretende Leiterin der Asien-Abteilung von Human Rights Watch. „Mit ihrer Freilassung unternimmt die Militärregierung den zutiefst zynischen Versuch, die internationale Gemeinschaft von ihrer Einflussnahme auf die Wahlen abzulenken.“

Die Freilassung von Aung San Suu Kyi erfolgte nur wenige Tage nach den Wahlen am 7. November, die dazu dienen sollten, der Militärherrschaft eine zivile Fassade zu verleihen. Die Tochter des Unabhängigkeitskämpfers General Aung San war aufgrund ihres Eintretens für Demokratie und wegen ihrer Führungsrolle in der Oppositionspartei Nationale Liga für Demokratie (NLD) wiederholt inhaftiert worden. Die NLD hatte im Jahr 1990 einen überwältigenden Wahlsieg errungen, war jedoch an der Übernahme der Regierung gehindert worden.

Wie eine von Human Rights Watch zusammengestellte Chronologie zeigt, verbrachte Suu Kyi 15 der vergangenen 21 Jahre unter Hausarrest. Sie wurde erstmals im Jahr 1989 verhaftet und bis 1995 unter Hausarrest gestellt. Die Militärjunta, die sich offiziell Staatsrat für Frieden und Entwicklung (SPDC) nennt, stellte Suu Kyi im Jahr 2000 erneut unter Hausarrest, aus dem sie im Jahr 2002 freikam. Nur ein Jahr später wurde sie nach einem Angriff auf den Konvoi, in dem sie durch das Land reiste, zum dritten Mal inhaftiert. Im Mai 2008 wurde ihr Hausarrest um ein Jahr verlängert, so dass auch für Mai 2009 mit einer unrechtmäßigen Verlängerung gerechnet wurde.

Die Militärregierung nahm jedoch einen merkwürdigen Vorfall, bei dem ein Amerikaner durch einen See in der Nähe von Suu Kyis Haus geschwommen war, um zu der Regimekritikerin zu gelangen, zum Anlass, einen Prozess gegen Suu Kyi zu eröffnen – die erste offizielle Anklage seit ihrer Inhaftierung im Jahr 1989. Suu Kyi wurde zu weiteren 18 Monaten Hausarrest verurteilt. Politische Prozesse werden in Burma meist von befangenen Richtern geführt und entsprechen nicht den internationalen Standards zur fairen Prozessführung.

„Suu Kyi erlebt sei mehr als 20 Jahren ein Wechselspiel von Inhaftierung und Freiheit. Die wesentliche Frage lautet also, wie lange und unter welchen Bedingungen sie dieses Mal auf freiem Fuß bleibt“, so Pearson. „Wenn die Militärregierung ihre Ankündigung, die politischen Freiräume nach den Wahlen auszuweiten, ernst meint, sollte sie alle politischen Gefangenen unverzüglich und ohne Vorbedingungen freilassen.“

Nach Einschätzung von Human Rights Watch ist das Wahlergebnis vom 7. November nicht glaubwürdig, da ausländische Beobachter praktisch keinen Zugang nach Burma hatten und es Berichten zufolge besonders in Gebieten, die von bestimmte Volksgruppen bewohnt werden, zu schweren Unregelmäßigkeiten kam. So sollen fragwürdige „Wahlzettel zur vorzeitigen Stimmabgabe“ verteilt worden sein, mit denen die Unterstützung für die Parteien der Militärregierung gesichert werden sollte. Die jüngst veröffentlichen offiziellen Ergebnisse zeigen einen überwältigenden Wahlsieg der vom Militär geschaffenen Partei für Stabilität und Entwicklung der Union (USDP), die über 90 Prozent der Sitze im Oberhaus und 85 Prozent der Mandate im Unterhaus des Nationalparlaments gewinnen konnte.

Mit der Kampagne „2100 in 2010: Free Burma's Political Prisoners“ möchte Human Rights Watch die Lage der politischen Gefangenen in Burma ins Blickfeld der internationalen Gemeinschaft rücken und Druck auf die burmesische Regierung ausüben, um die Freilassung aller politischen Häftlinge noch im Jahr 2010 zu erreichen. Auf der Website der Kampagne sind die wichtigsten Fakten zu den Verhaftungen von Bürgerrechtlern, Journalisten, Mönchen, Künstlern, Studenten und anderen Kritikern der burmesischen Militärregierung zusammengefasst.

Human Rights Watch rief dazu auf, die Aufmerksamkeit nun auf andere führende Menschenrechtsverteidiger zu richten, die nach wie vor in Burmas heruntergekommenen Gefängnissen inhaftiert sind. Zu ihnen zählen:

  • Zargana, der beliebteste Kabarettist des Landes, der wegen seiner Kritik an der zögerlichen Antwort der Regierung auf den Wirbelsturm Nargis zu 35 Jahren Haft verurteilt wurde;
  • Su Su Nway, eine Arbeiterrechtlerin, die eine 8½-jährige Haftstrafe ableisten muss, weil sie vor dem Hotel eines UN-Sondergesandten ein regierungskritisches Plakat entfaltet hatte;
  • U Gambira, ein 30 Jahre alter Mönch, der zu den Anführern der als „Safran-Revolution“ bekannt gewordenen friedlichen Protesten im August und September 2007 gehört hatte und nun eine 63-jährige Haftstrafe verbüßt;
  • Min Ko Naing, ein ehemaliger Studentenführer, der zu 65 Jahren Haft verurteilt wurde; und
  • Nay Phone Latt, ein 30-jähriger Blogger, der zu zwölf Jahren Haft verurteilt wurde, weil er mithilfe seines Blogs Nachrichten über die Demonstrationen im Jahr 2007 verbreitet hatte.

Im Zusammenhang mit der Freilassung von Aung San Suu Kyi rief Human Rights Watch Regierungen weltweit auf, sich nachdrücklich für die Befreiung der über 2000 politischen Gefangenen in Burma einzusetzen.

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