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Der Einsatz von Antipersonenminen durch die Guerilla hat verheerende Auswirkungen auf die Zivilbevölkerung Kolumbiens, so Human Rights Watch in einem heute veröffentlichten Bericht. Die Anzahl der Opfer ist in den letzten Jahren dramatisch gestiegen. Dies ist hauptsächlich auf den wachsenden Einsatz von Landminen durch die Guerilla der Revolutionären Streitkräfte Kolumbiens (FARC) zurückzuführen.

Antipersonenminen können mit billigem, leicht erhältlichem Material einfach hergestellt werden. Die FARC rechtfertigt die Verwendung von Landminen damit, dass die Produktionskosten niedrig sind. Landminen seien die „Waffen der Armen“. Auch wenn die meisten Todesfälle durch Landminen im Militär zu verzeichnen sind, verletzen die Minen jährlich auch Hunderte von Kolumbiens ärmsten und verletzlichsten Bürgern.

„Indem die FARC Landminen einsetzt, lässt sie kolumbianische Zivilisten, die nichts mit dem Konflikt zu tun haben, verstümmelt, blind, taub oder tot zurück“, so José Miguel Vivanco, Leiter der Amerika-Abteilung von Human Rights Watch. „Es gibt einfach keine Entschuldigung für den Einsatz von Waffen, die willkürlich töten.“

Der 34-seitige Bericht „Maiming the People: Guerrilla Use of Antipersonnel Landmines and Other Indiscriminate Weapons in Colombia” wird von einer ausführlichen Foto- und Audiodokumentation begleitet und zeigt die Auswirkungen des Einsatzes von Antipersonenminen auf Zivilisten in Kolumbien sowie die Schwierigkeit der Opfer, notwendige Unterstützung von der Regierung zu erhalten.

Wenn sie durch eine Landmine verletzt werden, hat dies schwere Auswirkungen auf das gesamte Leben der Opfer. Der Unfall verursacht nicht nur körperliche Verletzungen, sondern oft auch psychische Schäden. Die Betroffenen haben Schwierigkeiten, für sich und ihre Familien zu sorgen und zu Hause zu bleiben.

„Ich lebe sterbend”, sagte ein etwa 50-jähriger Bauer, der ein Bein und einen großen Teil seines Augenlichts verlor, als er in dem Bundesstaat Santander auf eine Landmine trat. „Jetzt lebe ich von Almosen und von dem Essen, das meine Kinder mir geben…Ich war die letzten drei Jahre krank, und dennoch sterbe ich nicht.“

Der Bericht von Human Rights Watch dokumentiert zudem den Einsatz von anderen Waffen durch die FARC, wie zum Beispiel Gasflaschenbomben in von Zivilisten bewohnten Gebieten. Es ist unmöglich, die Bomben gezielt einzusetzen. Regelmäßig treffen sie zivile Ziele wie Häuser und Kirchen und verletzen oder töten Zivilisten.

Das Kriegsrecht verbietet den Einsatz von Waffen wie Antipersonenlandminen, die willkürlich töten. Auch können Personen und Befehlshaber bewaffneter Gruppen, die vorsätzlich Angriffe gegen Zivilisten durchführen, wegen Kriegsverbrechen angeklagt werden. Wenn die Angriffe Teil eines umfassenden systematischen Angriffs gegen die Zivilbevölkerung sind, können sie nach dem Römischen Statut des Internationalen Strafgerichtshof (IStGH) sogar wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit angeklagt werden.

„Wenn es Beweise dafür gibt, dass Befehlshaber der FARC vorsätzlich Angriffe gegen die Zivilbevölkerung mit diesen Landminen oder ähnlichen Waffen durchführen, dann droht ihnen eine strafrechtliche Verfolgung vor dem IStGH“, sagt Vivanco.

In dem Bericht wird ein Interview von Human Rights Watch mit Francisco Galán zitiert. Er ist Sprecher der kolumbianischen Guerillabewegung Nationale Befreiungsarmee (ELN), die ebenfalls Landminen einsetzt. Der zum Zeitpunkt des Gesprächs inhaftierte Galán sagte, seine Gruppe denke nicht, dass das Kriegsrecht auch für sie gelte. Stattdessen solle eine „kreolische“ Version dieses Rechts in Kolumbien gelten.

Die ELN hat der kolumbianischen Regierung während der Friedensverhandlungen eine vorübergehende Waffenruhe angeboten. Diese Waffenruhe würde vermutlich auch bedeuten, dass zunächst keine Landminen mehr eingesetzt würden.

„Die Beendigung der Produktion und des Einsatzes von Minen soll bedingungslos und dauerhaft sein“, sagte Vivanco. „Die ELN darf nicht mit den Rechten der kolumbianischen Zivilbevölkerung spielen.“

Auch wenn die Guerillagruppierungen die meisten Landminen in Kolumbien einsetzen, ist bekannt, dass zudem paramilitärische Gruppen diese Waffe lagern.
Die kolumbianische Regierung hat den Einsatz von Landminen gemäß des Internationalen Abkommens zum Verbot von Antipersonenminen von 1997 verboten, und kolumbianisches Recht sieht medizinische, wirtschaftliche und andere Unterstützungsmaßnahmen für Opfer von Landminen vor. Kolumbien erhält zudem beträchtliche internationale Hilfe, auch von der Europäischen Union, für die Unterstützung von Minenopfern und anderen damit in Verbindung stehenden Initiativen. Dennoch, so legt der Bericht dar, mangelt es den Überlebenden häufig an angemessener Unterstützung.

Überlebende, lokale Behörden und Gesundheitsversorger wissen oft wenig über die Beihilfen für Opfer von Landminen. Außerdem sind die Beihilfen schwierig zu erhalten, da sie mit dem Verfassen von Anträgen sowie bürokratischen Verzögerungen verbunden sind und die Fristen kurz sind. Andere Überlebende gaben an, dass die finanzielle Unterstützung, die in nur zwei Pauschalen gezahlt wird, unzureichend ist, um Grundbedürfnisse abzudecken.

Human Rights Watch forderte die kolumbianische Regierung dazu auf, ihr Programm zur Opferunterstützung zu überprüfen und zu reformieren, um so bestehenden Problemen entgegenzutreten.

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